Staatsgalerie für Flämische Barockmalerei eröffnet |
Das Dutzend ist voll: Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eröffnen
zum 500. Jubiläum des Fürstentums Pfalz-Neuburg ihr 12. Zweigmuseum im
Schloss Neuburg a. d. Donau. Das Kernstück bilden zwei
Seitenaltarbilder von Peter Paul Rubens. |
Langwierige Entstehungsgeschichte
In Zeiten knapper Staatskassen ist die
Eröffnung einer neuen
Staatsgalerie schon fast ein Wunder. Schon vor 30 Jahren entstand laut
Konrad Renger, Kurator der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, der
Gedanke, das Neuburger Schloss zu renovieren und eine
Rubens-Ausstellung einzurichten. 1989, nachdem das Staatsarchiv von
Schwaben aus dem Neuburger Schloss ausgezogen war, konkretisierte sich
das Vorhaben für das Renaissance-Schloss. Erst 1999 konnte jedoch mit
dem Umbau und der Sanierung begonnen werden.
Dass der Plan jetzt
vollendet werden konnte, verdankt man nicht zuletzt einer runden Zahl:
Neuburg feiert das 500-jährige Jubiläum des Fürstentums Pfalz-Neuburg
und die Eröffnung der neuen Galerie stellt den Höhepunkt dieser
Feierlichkeit dar, zu der neben den bayerischen Ministern Faltlhauser
und Goppel auch bedeutende Vertreter der flämischen Volksgruppen aus
Belgien und den Niederlanden eingeladen waren. Insgesamt kostete die
Sanierung und Umgestaltung des so genannten Ottheinrichbaus, in dem die
Sammlung nun untergebracht ist, 23,5 Millionen Euro.
Rubens kehrt an die Donau zurück
Für den Wittelsbacher Herzog Wolfgang Wilhelm malte Rubens ab 1619
insgesamt vier Altarbilder - eine Sensation für das kleine Fürstentum,
wenn man bedenkt, dass Rubens sonst an den großen Höfen Europas tätig
war. Das größte davon, "Das jüngste Gericht", ist seit ihrer Errichtung
das wichtigste Werk in der Alten Pinakothek von München. Deren Erbauer
Leo von Klenze hatte sie seinerzeit ganz bewusst um dieses
großformatige Meisterwerk der flämischen Barockmalerei herum entworfen.
Als Ergänzung zum "Jüngsten Gericht" schuf der Antwerpener Künstler
zwei Seitenaltarbilder: "Die Ausgießung des Heiligen Geistes" von 1619
und die "Anbetung der Hirten" aus dem selben Jahr. Das vierte Werk ist
der berühmte "Engelssturz", ebenfalls ursprünglich als Altarbild für
Neuburg gemalt und seit langem in der Alten Pinakothek ausgestellt. Das
kleine Fürstentum galt unter Wolfgang Wilhelm als Bollwerk der
Gegenreformation, in deren Zusammenhang die religiösen Darstellungen
des Katholiken Rubens gesehen werden müssen.
Die beiden Seitenaltarbilder standen bisher jedoch im Depot der
Staatsgemäldesammlungen und schon lange war geplant, sie wieder an
ihren ursprünglichen Ort zurückzubringen. Da der Altar der Neuburger
Hofkirche jedoch schon 1755 neu gestaltet wurde, war es nicht möglich,
sie wieder dorthin zurückzubringen. Mit der
Revitalisierung des Neuburger Schlosses haben nun auch die beiden
Seitenaltarbilder einen angemessenen Standort bekommen. Somit bleiben
München die beiden Hauptaltarbilder erhalten und Neuburg ist durch die
neue barocke Sammlung um eine Attraktion reicher geworden. Die
finanzielle Beteiligung der Stadt war dabei gering. "Wir sind die
Beschenkten", beschreibt der Oberbürgermeister von Neuburg Dr.
Bernhard Gmehling die Situation.
Picasso des 17. Jahrhunderts
Für keine andere deutsche Stadt malte der "Picasso des 17.
Jahrhunderts" so viele Bilder wie für Neuburg. Ihre Entstehung kann
durch Belege aus der Zeit bestens dokumentiert werden. Herzstück der
Sammlung ist der große Saal des westlichen Flügels, in dem die
Altarbilder leicht angewinkelt stehen. Die Größe des Saales wurde bei
der Planung der Sammlung bewusst angenommen.
Man versuchte dabei auch,
die Veränderungen des 19. und 20. Jahrhunderts an dem Saal wieder
rückgängig zu machen, erzählt Reinhold Baumstark, Direktor der neuen
Barockgalerie. Er sei stolz auf die Fülle und Qualität der Sammlung,
um die große internationale Gemäldesammlungen das kleine Neuburg
beneiden werden. Interessanterweise wurden Rubens' Bilder nach dem Tod
ihres Auftraggebers verhüllt - die Nachkommen nahmen Anstoß an der
"Nacktheit der Leiber". So wurden die Werke schließlich abgenommen und
nach Düsseldorf gebracht.
Galerie DeLuxe
Insgesamt umfasst die Sammlung fast 160 Bilder, nicht alle so
großformatig wie die Prunktafeln von Rubens, jedoch nicht weniger
kunstvoll. Sie gehört damit zu den reichsten Sammlungen flämischer
Barockmalerei überhaupt, laut Renger eine "Galerie DeLuxe". Neben Rubens'
Werken bilden u.a. ein wunderbar fein gemalter Jahreszeitenzyklus, ein
Gemeinschaftswerk von Jan Brueghel dem Älteren und Hendrik von Balen,
einen Glanzpunkt der Sammlung. Von Rubens' Schüler van Dyck finden sich
fünf Studienköpfe, ursprünglich als Vorlage für spätere Werke
gezeichnet, nach den Worten Konrad Rengers "wie von einem jungen Wilden hingebürstet".
Die
äußerst detailreiche Darstellung der "Messe von Impruneta" von David
Teniers d. Ä. stellt ein weiteres Meisterwerk der an Highlights nicht
armen Galerie dar. Auf zwei Werke des Begründers der Lütticher
Malschule Gérard Douffet weist der Kurator der Sammlung besonders hin,
"Papst Nicolaus V. besucht die Grabstätte des hl. Franz von Assisi"
(1627) und "Die Auffindung und Prüfung des Heiligen Kreuzes" (1623/24),
die auf der gegenüberliegenden Seite der Rubens'schen Altarbilder
angeordnet wurden.
Der Ottheinrichbau, benannt nach Pfalzgraf Ottheinrich, der die
Neuburger Residenz im 16. Jahrhundert im Renaissance-Stil umbauen ließ,
wurde weitgehend originalgetreu renoviert. So führen z.B. noch immer
die ursprünglichen Türen und deren Rahmen in die Räume. Nur die grün
beleuchteten Glastreppen mit ihren modernen Metallgeländern und ein
behindertengerechter moderner Aufzug erzeugen einen Kontrast zu der
fast ein halbes Jahrtausend alten Innenarchitektur.
Öffnungszeiten:
01.04.-30.09. Di-So 9.00-18.00 Uhr
01.10.-31.03. Di-So 10.00-16.00 Uhr
Eintritt: zur Eröffnung 3 Euro, ermäßigt 2 Euro
ab 02.06. inkl. Landesausstellung 6 Euro, ermäßigt 4 Euro
Katalog (400 Seiten): 24,90 Euro
Text: Albrecht Volk. Bilder: Jennifer Andres, Bayerische Staatsgemäldesammlungen |
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